Heilung auf Widerruf - Überleben mit und nach Krebs
Ausgabe:
2. Auflage 2020
Autor:
Petra-Alexandra Buhl
Verlag:
Klett-Cotta-Verlag
Stuttgart
Seiten:
326 Seiten
Preis:
17,00 Euro
ISBN:
978-3-608-96373-1
Rezension:
Heute überleben viele Menschen ihre Krebserkrankung teilweise um Jahre und Jahrzehnte und sind daher an allen Orten und in den verschiedensten Lebenssituationen zu finden. Zu diesen „Cancer Survivors“ [cancer (engl.) = Krebs; to survive (engl.) = überleben] zählt auch die Autorin der vorliegenden Buches, Petra-Alexandra Buhl,die als junge Erwachsene an Morbus Hodgkin erkrankte. Sie überwand diese Erkrankung, studierte und arbeitete als Journalistin. Nach mehrjährigen Ausbildungen in Systemischer Beratung betreut sie heute Führungspersönlichkeiten und moderiert Großveranstaltungen.
In diesem Buch wird auf der Basis von Interviews mit Cancer Survivors und unter Einbeziehung von Zitaten von bekannten Cancer Survivors die Situation von Krebspatienten und -überlebenden darstellt - ausgehend von der Diagnose über die Therapie bis zur Nachsorge samt der teilweise langjährigen Medikation und ihren Nebenwirkungen, der Erschöpfung, der Minderung der Gedächtnisleistung, der Angst vor einem Krankheitsrückfall, des Armutsrisikos sowie des möglichen Selbstmordes und Todes. Hieraus ergibt sich, dass für Krebsüberlebende ihre Erkrankung nie „vorbei“ ist und sich viele wie im „Wartezimmer des Lebens“ fühlen.
Weiterhin werden für Krebsüberlebende Möglichkeiten aufgezeigt, mit den Folgen einer Krebserkrankung umzugehen und sich zu psychisch stabilen, widerstandsfähigen und innerlich gewachsenen Cancer Survivors zu entwickeln. Hierzu zählen u.a. die Akzeptanz der Krankheit samt der sich ergebenden Einschränkungen, die Suche nach neuen Lebenszielen, das Bewahren von Humor und Optimismus und die Planung der Zukunft - aber auch die Akzeptanz des Todes. Somit „coacht“ das Buch im besten Sinne die Krebsüberlebenden.
Schließlich fordert das Buch, eine spezielle Nachsorge für Cancer Survivors aufzubauen, die sich am Lebensrisiko der Krebsüberlebenden orientiert – und nicht an ihren Krankheitssymptomen. Diese Nachsorge sollte sich mit allen körperlichen und seelischen Einschränkungen befassen. „Cancer Survivors Center“ müssten in ganz Deutschland zu finden sein. Auch gilt es, das immer noch bestehende Stigma der Krebserkrankung in der Gesellschaft zu überwinden. Hierfür müssen die Cancer Survivors die Opferrolle verlassen und auch durch eine politische Lobby vertreten werden.
Die folgenden Passagen des Buches zeigen auf, wie sich die Situation für Cancer Survivors darstellt und wie ihre Lebenserfahrungen anderen Krebserkrankten und der Gesellschaft helfen können:
„Krebs überlebt zu haben, ist kein individuelles Schicksal mehr, sondern ein Massenphänomen. Es gibt kein Leben ohne Krankheit, ohne Störung, ohne Irritation. Bestenfalls haben die Überlebenden neue personale Ressourcen erworben: Sie haben gelernt, diffuse Angst auszuhalten und innere Kräfte zu mobilisieren. Sie wissen, das Leben prinzipiell offen und ungewiss ist. Krankheit und Gesundheit sind für sie keine Gegensätze mehr, sondern sich überlappende Zustände. Im besten Sinne haben sie ihre eigene Überlebensstrategie entwickelt und das Gegebene akzeptiert. Zu Krankheit gehört auch ein Können: Manmuss sich zu Krankheit in irgendeiner Weise verhalten – und das haben die wenigsten Menschen gelernt.“
„Für die schnell veränderliche, unsichere, komplexe und mehrdeutige Welt von heute bringen die Cancer Survivors vielfältige Kompetenzen mit. Sie haben oft viel Selbstvertrauen und ein hohes Selbstwertgefühl. Eigenverantwortung und Disziplin sind Fähigkeiten, die sie in der Therapiezeit entwickelt haben. Sie verfügen über sehr viel Motivation und wollen sich einbringen. Sie sind sehr
anpassungsfähig, sozial engagiert und ein Vorbild für andere im Umgang mit Schicksalsschlägen. Viele Cancer Survivors zeigen Hilfsbereitschaft und Empathie. Sie haben Menschenkenntnis, Respekt vor anderen und oft eine ausgeprägte Zivilcourage. Sie nehmen Stimmungen, Gefühle und Situationen meist geschärft wahr, weil sie sich gut einfühlen können. Sie sind bereit zu lernen und verfügen häufig über eine hohe Frustrationstoleranz. Wenn sie etwas gelernt haben, dann ist es, in einer rasch veränderlichen, unsicheren, komplexen und mehrdeutigen Situation durchzuhalten.“
Rezensent(in):
Dr. rer. nat. Birgit Grohs, DLH-Patientenbeistand
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