Haarzell-Leukämie
Bei der Haarzell-Leukämie handelt es sich um ein als indolent bezeichnetes, schleichend fortschreitendes Non-Hodgkin-Lymphom. Da die veränderten Zellen auch im Blut vorkommen, wird die Erkrankung „Leukämie“ genannt (Leukämie bedeutet „weißes Blut“). Bei der Haarzell-Leukämie sind die B-Lymphozyten als Zellen des Immunsystems zur Infektabwehr von einer Veränderung des genetischen Materials betroffen. Der Erkrankung den Namen gegeben haben Leukämiezellen, die unter dem Mikroskop kleine, wie „Haare“ aussehende Zell-Ausläufer aufweisen.
Bei der Haarzell-Leukämie werden zwei Unterformen unterschieden: die klassische Haarzell-Leukämie sowie die Haarzell-Leukämie-Variante.
Klassische Haarzell-Leukämie
Die Klassische Haarzell-Leukämie macht 90 - 95% aller Haarzell-Leukämien aus und erstreckt sich über eine breite Altersspanne, wobei das durchschnittliche Erkrankungsalter bei 50 - 55 Jahren liegt. Pro Jahr und 1.000.000 Einwohner treten in Deutschland etwa 3 Neuerkrankungen auf. Die Klassische Haarzell-Leukämie kann über viele Jahre keine oder keine nennenswerten Symptome hervorrufen. Zumeist ist sie ein Zufallsbefund. Der Krankheitsverlauf kann wellenförmig sein.
Bei allen Patienten mit Klassischer Haarzell-Leukämie ist die genetische Veränderung BRAF V600E in den Leukämiezellen nachweisbar. Diese Mutation führt zur Aktivierung eines Signalübertragungswegs. Dadurch teilen sich die Zellen schneller oder leben länger als normale Zellen.
Die Leukämiezellen breiten sich allmählich im Knochenmark aus und verdrängen die gewöhnlichen Knochenmarkzellen und damit die normale Blutbildung. Ein daraus resultierender Zellmangel in allen drei Zellreihen (rote Blutkörperchen (Erythrozyten), weiße Blutkörperchen (Leukozyten), Blutplättchen (Thrombozyten)) findet sich bei etwa 70% der Patienten. Das Bindegewebe im Knochenmark kann sich vermehren, was zu einer Fibrosierung (Gewebeverhärtung) führt.
Haarzell-Leukämie-Variante
Die Haarzell-Leukämie-Variante macht 5 - 10% aller Haarzell-Leukämien aus und ist eine Erkrankung des höheren Lebensalters von häufig über 70 Jahren.
Bei Patienten mit Haarzell-Leukämie-Variante ist - in Abgrenzung zur klassischen Form - die genetische Veränderung BRAF V600E in den Leukämiezellen nicht nachweisbar. Häufig ist das Blutbild bezüglich der Erythrozyten und Thrombozyten unverändert, während die Leukozytenzahl erhöht ist. Bei der Haarzell-Leukämie-Variante als der aggressiveren Form der Haarzell-Leukämie haben die Patienten bei der Diagnosestellung häufig Beschwerden und werden rasch behandelt.
Sofern Symptome auftreten, handelt es sich bei beiden Formen der Haarzell-Leukämie um die Folgenden: Es kann zu einer Verschlechterung des Allgemeinbefindens mit Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Gelenk- und Knochenschmerzen sowie Bauchschmerzen kommen. Milz, Leber und Lymphknoten können vergrößert sein, zudem können Knochenveränderungen (Osteoporose und umschriebener Knochenabbau) sowie Autoimmunphänomene, wie rheumatische Erkrankungen und Hautveränderungen, auftreten. Typisch sind auch sogenannte „B-Symptome“ wie Fieber ohne erkennbare Ursache, Nachtschweiß mit Wechsel der Nachtwäsche und eventuell auch der Bettwäsche sowie ein Gewichtsverlust von mehr als 10% in 6 Monaten. Ein Mangel an Erythrozyten führt zu Müdigkeit, Blässe, Schwächegefühl und Kurzatmigkeit. Bei einem verminderten Leukozyten-Wert steigt die Infektneigung. Besonders betroffen von fiebrigen Infektionen sind die Lunge und der Harntrakt. Aufgrund eines deutlichen Mangels an Thrombozyten kann es verstärkt zu Blutungen wie Nasen- und Zahnfleischbluten, blauen Flecken und kleinen punktförmigen Einblutungen in der Haut (Petechien) kommen.
Weitergehende Informationen zur Haarzell-Leukämie sowie ihrer Behandlung finden sich in folgender Literatur:
Patientenbroschüre Haarzell-Leukämie des Vereins Haarzell-Leukämie-Hilfe e.V.
Einschlägige Informationen finden sich zudem in der Onkopedia-Leitlinie
„Haarzell-Leukämie (HZL)“,
die sich als Empfehlung der Fachgesellschaft zur Diagnostik und Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen allerdings primär an Ärzte richtet.